Blick auf den Tablemountain und Lionshead

24.09.2002 // Meine erste Schiesserei!

Wie es so ist, wenn mann irgendwo als Praktikant mit dabei ist, läuft meistens nicht viel. Bis um die Mittagszeit war „tote Hose“ – nichts los. Nun gut, wir haben Bilder von der Schweiz und dem Rettungsdienst GZO angesehen. Kurz bevor uns die Langeweile einholten wollte, wurden wir endlich gerufen.

Es hiess: Patient sei kollabiert, bewusstlos. Hörte sich nicht so gut an, also preschten wir, unter kundiger Kartenführung von mir (!), los. Beim Eintreffen erwartete uns schon die Sanitäter der Feuerwehr und informierten uns, dass die Patientin verstorben sei. Es stellte sich heraus, dass die verstorbene eine bekannte KHK hatte und schwer krank war. So blieb uns nicht mehr viel zu tun und meldeten uns wieder einsatzklar.

Beeindruckende Fahrt nach Kap Stadt

Schon wurde gemeldet, dass es eine Verlegung von Atlantis zum „New Somerset Hospital“ gäbe. Patient mit Tuberkulose, schlechte Sättigung, nicht klar ob intubiert werden muss. Nun Atlantis liegt weit im Norden der Westküste und es war eine normale Fahrt (ohne Sondersignal) von 50 Minuten. Beim eintreffen war der Patient (20 Jahre) nicht sehr adäquat, SpO2 von knapp 60%, schlecht bis keine Atemgeräusche auskultatorisch hörbar. Nach telefonischer Rücksprache mit dem diensthabenden Arzt im angemeldetem Krankenhaus wurde beschlossen den Patienten, solange wie möglich, nicht zu intubieren .

Die anschliessende Blaulichtfahrt nach Kap Stadt verlief sehr beindruckend. Es zeigte sich ein hervorragende Teamarbeit zwischen dem Fahrer des Paramedic-Fahrzeuges und der Ambulanz. Wobei der Fahrer des stärkeren PW’s jeweils vorausfuhr und die Strasse „frei“ machte und an den Kreuzungen den Verkehr blockierte. So konnten wir „ziemlich ruhig“ und zügig in die Stadt fahren. Der Patient übergaben wir mit mehr oder weniger unverändertem Zustand dem Schockraum.

Kaum Zeit um Pause zu machen

Kaum hatten wir unsere erste kleine Pause seit dem Mittag (ca. 15 min) hörten wir, dass es eine Schiesserei gegeben hatte und die dort anwesende Ambulanz Schwierigkeiten mit dem Patienten hatte. Michel, der Paramedic, meldetet er würde sich auf den Weg machen. Die Einsatzzentrale (EZ) bestätigte dies nicht gleich, trotzdem fuhren wir los. Kurz vor dem Eintreffen rief uns die EZ und wir konnten unsere baldige Ankunft durchgeben. Die ganze Strasse war voll von Leuten. Die Polizei hatte den „Tatort“ mit Bändern abgesperrt, was aber niemand wirklich beeindruckte!Patient mit Schussverletzung

Nach dem wir uns durchgekämpft hatten, wurde uns beim öffnen der Ambulanz gleich gemeldet das der Patient einen Herzstillstand habe. Sofort wird CPR eingeleitet, intubiert und die medikamentöse Therapie begonnen. Im weiteren Verlauf wird uns rapportiert, dass der Patient einen Bauchschuss (ev. Leber) und einen Durchschuss auf Hüfthöhe habe. Das EKG zeigte zuerst eine Asystolie, nach verabreichen von Total 4 mg Adrenalin und 3 mg Atropin eine PEA, nach legen einer zweiten Infusion und weiterer Gabe von Adrenalin ein Kammerflimmern, anschliessend wieder eine Asystolie.

Heikle Situation

Da man befürchtet, bei Bekanntgabe des Todes des Patienten, die Reaktionen der anwesenden Menge könnte eskalieren, entscheid man sich für die schnelle Abfahrt der Ambulanz. Anschliessend wolle man dann bekannt gegeben, das der Patient unterwegs verstorben sei. Kaum waren wir abgefahren werden wir von der Familie des verstorbenen „verfolgt“, so dass wir nach einem Kilometer bereits angehalten und der zu uns stossenden Familie mitgeteilt haben, dass der Patient soeben verstorben ist. Da jetzt „nur“ die Angehörigen anwesend waren verlief das ganze der Situation entsprechend ruhig und das Team der Ambulanz konnte den verstorbenen in die Gerichtsmedizin fahren.

Keine Zeit zu retablieren

Natürlich war nun die Einsatztasche und weiteres Material entsprechend zu retablieren, so wollten wir so schnell wie möglich zur Basis zurück und uns einsatzklar machen. – Nichts da, eine Frau die kollabierte und anscheinend Bewusstlos war, brauchte unsere Hilfe. Was soll man machen? Los ging es und wir hofften einfach das uns nicht noch eine Reanimation erwartete. Beim Eintreffen wartete schon ein Arbeitskollege (Transporthelfer) von Michel, dieser wohnte ganz in der Nähe und von den Angehörigen gerufen. Es stellte sich heraus, dass ein mächtiger Familienstreit vorangegangen war und es der Frau, die schon bekannte Herzprobleme hatte, einfach zu viel wurde. Also sorgten wir dafür, dass es allen Anwesenden klar war, das die Patientin Ruhe brauchte und sie sich nicht so aufregen dürfe.

So verliessen wir dann die Patientin und kehrten zum Stützpunkt zurück und konnten in Ruhe alles aufräumen und schon bald Feierabend machen.